

Zuchtverschulden schwer nachzuweisen
Das Oberlandesgericht Hamm hat entschieden, dass eine Käuferin keinen Schadensersatz erhält, wenn der Hund mangelhaft ist.
Die Parteien streiten um Schadenersatzansprüche nach dem Erwerb eines Hundes. Die Beklagte züchtet Hunde der Rasse „Deutscher Schäferhund“. Etwa ein Jahr nach der Übergabe des Tiers zeigte die Klägerin der Beklagten an, dass der Hund unter einer Hüftgelenksdysplasie leide.
Die Beklagte bestritt den Mangel, bot aber an, den Hund gegen ein anderes Tier zu tauschen. Dies lehnte die Klägerin ab. Wegen der genetisch bedingten Fehlentwicklung der knöchernen Anteile der Gelenkpfanne des Hüftgelenkknochens und des Kopfes des Oberschenkelknochens liegt ein nicht behebbarer Mangel der Kaufsache vor, der bereits vor Vertragsschluss entstanden ist. Damit ist die Beklagte bereits bei Vertragsschluss gehindert gewesen, bezüglich der Hündin eine mangelfreie Leistung zu erbringen.
Der Verkäufer haftet in Fällen der Unmöglichkeit der vertragsgemäßen Leistung nicht, wenn er das Leistungshindernis bei Vertragsschluss nicht kannte und seine Unkenntnis auch nicht zu vertreten hat. Nach der Beweisaufnahme kann ausgeschlossen werden, dass bei der im Zeitpunkt der Übergabe zwei Monate alten Hündin Anzeichen dafür bestanden, dass das Tier eine Hüftdysplasie entwickeln würde. Nach der Beweisaufnahme kann auch ausgeschlossen werden, dass die Beklagte die Unkenntnis des Mangels zu vertreten hat. Symptome der Erkrankung konnte das Tier aufgrund seines geringen Alters noch nicht zeigen. Eine tierärztliche Untersuchung vor der Veräußerung des Tieres hätte hinsichtlich der Frage, ob das Tier die Anlage für eine Hüftdysplasie trägt, angesichts des geringen Alters der Hündin zu keinem Erkenntnisgewinn geführt.
Es kann dahinstehen, ob für die Züchtung der Rasse „Deutscher Schäferhund“ Zuchtempfehlungen bestehen, denen die Beklagte nicht gefolgt ist. Denn daraus folgt nicht, dass die Beklagte die Unkenntnis von dem Mangel zu vertreten hat. Die Züchtung der Tiere außerhalb des Reglements anerkannter Zuchtvereine führt nicht dazu, dass die auf diese Weise gezogenen Tiere zwangsläufig eine Hüftgelenksdysplasie entwickeln, während Tiere, die nach bestimmten Richtlinien gezogen werden, gesund bleiben. Der Sachverständige hat in seinem Gutachten aufgezeigt, dass eine HD-freie Zucht der Rasse gegenwärtig unmöglich ist. Der Sachverständige hat hierzu ausgeführt, es gebe bisher nur begrenzte Erkenntnisse dazu, welche Faktoren für eine Verringerung des Erkrankungsrisikos günstig seien, weshalb die Forderung nach der Einhaltung bestimmter Standards ins Leere gehe, da das Optimum für die Zucht wissenschaftlich bisher nicht definiert sei.
Durch die Auswahl der Elterntiere kann allenfalls das Risiko des Auftretens der Erkrankung gemindert werden. Diese Erkenntnis hat aber in Bezug auf die Frage, ob die Beklagte die Unkenntnis des Mangels zu vertreten hat, keinen Aussagewert.
Es steht allein die Frage im Raum, ob die Beklagte auf der Grundlage der §§ 437 Nr.3, 311 a BGB für den geltend gemachten Schaden haftet. Eine Haftung nach §§ 437 Nr.3, 280 bzw. § 281 BGB scheidet aus, weil das Vorliegen der Hüftgelenksdysplasie ein nicht behebbarer Mangel ist. Deswegen geht es im vorliegenden Fall nicht um die Frage, ob die Beklagte das Auftreten der Hüftgelenksdysplasie durch eine nicht den Sorgfaltsanforderungen entsprechende Zucht der Hündin zu vertreten hat. Es geht vielmehr darum, ob die Beklagte den Mangel des Tieres bei Vertragsschluss kannte bzw. darum, ob sie die Unkenntnis des Mangels zu vertreten hat.
Die Beklagte schuldet den Ersatz der Kosten für die tierärztliche Behandlung auch nicht im Wege der Nacherfüllung. Die Beklagte hat für die Kosten der tierärztlichen Behandlung nicht unter dem Aspekt aufzukommen, dass die bereits in die Wege geleitete Behandlung des Tieres zwar nicht zu einer Beseitigung des Mangels führt, aber zumindest geeignet ist, zu einer Verbesserung des mangelhaften Zustandes beizutragen. Die Beklagte kann die nur zu einer teilweisen Mangelbeseitigung verlangte Nacherfüllung wegen Unzumutbarkeit verweigern.
Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, als die Beklagte den Tausch des Tiers angeboten und die Klägerin aus rein individuellem Interesse die Mangelbeseitigung im Wege der Nachlieferung abgelehnt hat. Nacherfüllung bedeutete, dass der Verkäufer selbst für die Mangelbeseitigung zu sorgen hat. Die Beklagte hätte auf das Verlangen der Klägerin die bereits erfolgte tierärztliche Versorgung des Tieres und die weitere beabsichtigte Versorgung der Hündin mit einer Hüftprothese nebst allen erforderlichen, in ihrer Häufigkeit nicht abzusehenden Nachkontrollen vornehmen lassen müssen.
Die Beklagte hat der Klägerin angeboten, die Hündin zurückzunehmen und stattdessen ein anderes Tier zu liefern. Wenn die Klägerin hierauf nicht eingeht, kann sie die Folgekosten auch nicht mit dem Argument auf die Beklagte abwälzen, diese hätte bei einer Rücknahme des Tieres die Kosten in gleicher Weise zu tragen. Dies kann nicht unterstellt werden. Weder steht fest, dass die Beklagte das Tier behalten hätte noch erscheint die Entscheidung, das Tier mit einer Hüftprothese zu versorgen, als der einzige mit dem Tierschutzrecht vereinbare Weg, um der Hündin Leiden zu ersparen.
Schließlich kann die Klägerin die Kosten für die tierärztliche Behandlung auch nicht im Wege des Aufwendungsersatzes verlangen. Der Aufwendungsersatzanspruch scheitert schon daran, dass die Beklagte den Mangel des Tieres nicht kannte und diese Unkenntnis auch nicht zu vertreten hat. Ferner handelt es sich auch nicht nur um Aufwendungen, die die Klägerin im Vertrauen auf die Vertragsmäßigkeit, sondern gerade im Wissen der Mangelhaftigkeit der Hündin gemacht hat.Die Käuferin erhielt daher nur den Kaufpreis zurückerstattet.
Quelle: ©Frank Richter, Rechtsanwalt, Dossenheim - www.richterrecht.com