02.05.2015 10:33 Alter: 9 Jahre
Category: Tiermedizin

Hüftgelenksdysplasie

Behandlungsmethoden für ein Leben ohne Schmerzen

Ob, wann und in welchem Maße aus der Diagnose HD wirkliche Beschwerden entstehen werden, das kann niemand voraussagen. Foto:©Lilly_M/Wikimedia Commons
Ob, wann und in welchem Maße aus der Diagnose HD wirkliche Beschwerden entstehen werden, das kann niemand voraussagen. Foto:©Lilly_M/Wikimedia Commons

Wenn das Röntgenbild des eigenen Tieres die Diagnose „Hüftgelenksdysplasie“, abgekürzt HD genannt, liefert, ist der Hundebesitzer mit vielen Fragen und Sorgen konfrontiert. Denn nach wie vor ist die HD nicht heilbar. Trotzdem sollte man sich, statt zu verzweifeln, klar machen, dass es sich um eine zunächst rein röntgenologische Diagnose handelt. Der Hüftkopf sitzt nicht so in der Pfanne, wie er das beim gesunden Hund tun sollte – das ist, solange noch keine Symptome auftreten, die einzige und neutrale Aussage, die man treffen kann. Das gilt es vor allem dann zu bedenken, wenn zum Beispiel ein junger Hund, der für die Zucht vorgesehen ist, geröntgt wird, ohne dass vorher Probleme beim Gangbild aufgefallen sind.

Ob, wann und in welchem Maße aus der Diagnose HD wirkliche Beschwerden entstehen werden, das kann für den individuellen Hund in diesem Stadium niemand voraussagen. Dennoch ist der weitere Verlauf häufig ungünstig, wenn keine adäquate Behandlung stattfindet, auch, wenn viele der betroffenen Hunde keine oder nur geringe Beschwerden zeigen. Deshalb sollten Halter von Hunden mit der Röntgendiagnose „HD“ mit ihrer Tierärztin oder ihrem Tierarzt früh eine geeignete Behandlungsstrategie besprechen, die sich aus einer individuellen Kombination der folgenden Methoden zusammensetzen wird.

Wirksames Instrument: Gewichtskontrolle

Wird die Gelenkfehlstellung bereits beim jungen Hund entdeckt, dann gilt es, ein zu schnelles Wachstum und jede unnötige Gewichtsbelastung zu vermeiden. Denn beides trägt dazu bei, dass sich durch die Hüftgelenksdysplasie Probleme im Sinne von Arthrosen und daraus resultierender Lahmheit entwickeln können. Mehr noch als es bei großen Hunderassen ohnehin angezeigt ist, sollte man bei diesen Tieren darauf achten, dass sie sparsam mit Energie versorgt werden. Das heißt: Es sollte nur soviel Futter gegeben werden, dass genau die Kalorienmenge enthalten ist, die das Tier für seinen Erhaltungsbedarf und das Wachstum dringend benötigt.

Röntgenaufnahme einer HD beim Hund. Der Fe­murkopf ist bereits subluxiert, das Acetabulum (Hüftgelenkspfanne) umgreift ihn nicht mehr (rote Pfeile). Die Femurköpfe zeigen Abweichungen von der Halbkugelform (gelbe Pfeile); rechts im Bild sind deutliche arthrotische Veränderungen des Femurkopfes erkennbar. Quelle: wikipedia.de / Foto:©Kalumet/Wikimedia Commons
Röntgenaufnahme einer HD beim Hund. Der Fe­murkopf ist bereits subluxiert, das Acetabulum (Hüftgelenkspfanne) umgreift ihn nicht mehr (rote Pfeile). Die Femurköpfe zeigen Abweichungen von der Halbkugelform (gelbe Pfeile); rechts im Bild sind deutliche arthrotische Veränderungen des Femurkopfes erkennbar. Quelle: wikipedia.de / Foto:©Kalumet/Wikimedia Commons

Wichtig ist außerdem das richtige Maß an Kalzium sowie ein optimales Kalzium-Phosphor-Verhältnis in der Nahrung. Ihr Pedigree Züchterberater kennt sich bestens mit den Zusammensetzungen und benötigten Fütterungsmengen der verschiedenen Pedigree-Futter aus und berät Sie gerne. „Den Hund groß hungern“ – das klingt plakativ und radikal. Die Endgröße jedes Hundes ist genetisch festgelegt und wird durch die Wachstumsgeschwindigkeit nicht verringert, sondern das Erreichen der Endgröße wird nur heraus gezögert. Tatsächlich ist es aber so, dass bei der kleinen Fläche, die der Hüftkopf darstellt, jedes Pfund mehr den real auf dieser Fläche lastenden Druck um ein Vielfaches verstärkt. Eine möglichst geringe Gewichtsbelastung ist daher der wichtigste Beitrag zur Schonung des Gelenks.

Das gilt nicht nur für die Wachstumsphase, sondern auch für die Gewichtskontrolle beim erwachsenen Hund. Untersuchungen haben gezeigt, dass die angestrebte Körpermasse eines von Gelenkschäden bedrohten Tieres sogar 10% unterhalb seines Normalgewichtes liegen sollte. Der wöchentliche Gang zur Waage hilft, als Besitzer diszipliniert zu bleiben und den Erfolg zu kontrollieren. Ein Vorteil gegenüber allen anderen Behandlungsmethoden der Hüftgelenksdysplasie liegt darin, dass es eine recht kostengünstige Methode ist. Selbstverständlich muss darauf geachtet werden, dass der Hund mit einer vollwertigen, ausgewählten und bedarfsangepassten Tiernahrung ernährt wird. Diese ist dann auch mit der richtigen Menge an Mineralien und Spurenelementen versehen. Das macht eine Zugabe von Kalziumpräparaten absolut unnötig. Denn Vorsicht: Eine Überdosierung von Kalzium kann sich sogar negativ auf die Gelenkgesundheit auswirken!

Durch Bewegungstraining das Gelenk entlasten

Ein weiterer wichtiger Punkt in der Unterstützung der normalen Hüftgelenksfunktion ist die Stärkung der Muskulatur rund um das Gelenk. Sind die Muskeln gut ausgebildet und trainiert, dann geben sie dem Gelenk Festigkeit, halten Pfanne und Hüftkopf zusammen und entlasten damit Knorpel und Bänder. Ausgebildete Tierphysiotherapeuten und Tierärzte mit der Zusatzbezeichnung „Physikalische Therapie/Physiotherapie“ kennen ausgefeilte Bewegungsprogramme, mit denen genau die richtigen Muskeln gestärkt werden. Diese Übungen, die teilweise auch Zuhause fortgeführt werden können, erhöhen die Lebensqualität des Hundes maßgeblich. Aber auch der Hundebesitzer selbst kann im Alltag vieles für ein gezieltes Training seines Hundes tun.

Grundsätzlich sind ruhige, stetige Bewegungen für den Aufbau einer leistungsfähigen Muskelmasse sinnvoll. Bei sehr jungen Hunden sind gleichbleibend flotte Spaziergänge geeignet. Etwa ab dem achten Lebensmonat kann man damit beginnen, das Tier beim Fahrradfahren oder beim Joggen langsam nebenher traben zu lassen. Zunächst für wenige Minuten, später kann das Pensum bis auf eine halbe Stunde gesteigert werden. Vorsicht bei sommerlichen Temperaturen!

Schwimmen ist eine hervorragende unterstützende Maßnahme, weil die Muskeln, die gegen den Wasserwiderstand arbeiten müssen, besonders gut gestärkt werden. Auch das Training auf einem Unterwasserlaufband zeigt deutliche Erfolge. Bei allen Anwendungen im Wasser ist eine vorherige tierärztliche Untersuchung des Herz-Kreislauf-Systems sowie des sonstigen Bewegungsapparates unerlässlich. Wassertraining ist auch deshalb besonders geeigent für HD-Patienten, weil bei dieser Art der sportlichen Betätigung deutlich weniger oder sogar keinerlei Gewicht auf den Gelenken lastet. Aber auch hier gilt: Die Bewegung sollte gleichmäßig und ruhig ausgeführt werden. Wilde Bällchenspiele im Wasser sind also tabu!

Ganz allgemein sollte man zu viele heftige Sprünge und abrupte Stopps vermeiden. Denn diese Bewegungen bringen stoßweise eine zu starke Belastung auf den Gelenkknorpel des Hüftkopfes. Damit bereiten sie den Weg für Knorpelschäden und Schmerzreaktionen. Die Verhinderung solcher Bewegungen ist nicht immer einfach, weil sie Bestandteil des ausgelassenen Herumtobens junger Hunde bzw. mehrerer Hunde miteinander sind. Sozialkontakte im hündischen Miteinander völlig zu meiden, wäre sicherlich der falsche Weg. Hunde brauchen den Kontakt mit den Artgenossen und müssen Sozialbeziehungen und die entsprechende Kommunikation immer wieder neu üben. Als Besitzer eines von HD betroffenen Tieres ist man daher auf einer ständigen Gratwanderung zwischen dem Zulassen des wichtigen Spiels mit den Artgenossen und einer der Gelenkproblematik angemessenen Bewegung.

Ausreichend Bewegungen muss sein, jedoch alles mit Maß und Ziel, denn aktiv und gesund sollen unsere Hunde sein und bleiben. Foto:©IDS.photos/flickr/Wikimedia Commons
Ausreichend Bewegungen muss sein, jedoch alles mit Maß und Ziel, denn aktiv und gesund sollen unsere Hunde sein und bleiben. Foto:©IDS.photos/flickr/Wikimedia Commons

Trotz aller Bedenken sollte man den Hund nicht „in Watte packen“. Besonders jungen Welpen wird häufig jegliches Springen verwehrt, Treppen werden sie herauf und herunter getragen. Abgesehen von der Verletzungsmöglichkeit durch Ausrutschen (was durch einen griffigen Belag verhindert werden kann), schadet das Treppensteigen keinem Hund.* (* "Hundezucht" von Dr. Helga Eichelberg, Kosmos-Verlag). Im Gegenteil: Solche Verhaltensweisen sind falsch, denn zum einen bildet ein Welpe, der keine HD-Gene besitzt, auch unter Belastung keine HD aus. Zum anderen müssten die Einwirkungen der Umwelt, die zu einer Verschlechterung des HD-Grades führen könnten, extrem stark sein. Erzwungene Bewegungseinschränkungen stehen zudem einer guten Muskelentwicklung der Welpen entgegen.

Sinnvolle Nahrungszusätze für den Gelenkschutz

Bereits bei jungen Hunden zu empfehlen ist die Fütterung eines so genannten Chondroprotektivums. Dabei handelt es sich um Substanzen, die den Gelenkknorpel schützen und stärken. Muschelextrakte mit entzündungshemmenden Fettsäuren und Glykosaminoglykane (natürliche Bestandteile des Gelenkknorpels und der Gelenkflüssigkeit) gehören in diese Gruppe. Bezüglich eines konkreten Präparates lässt man sich am besten vom Tierarzt beraten. Von Pedigree gibt es zum Beispiel einen schmackhaften Snack, in dem Grünlippenmuschelextrakte und weitere Aktivwirkstoffe enthalten sind: Pedigree GelenkAktiv. Zusammen mit diätetischen und muskelstärkenden Maßnahmen können die Chondroprotektiva ein Entstehen von Symptomen auch bei röntgenologisch festgestellter HD über lange Zeit hinauszögern. Aber auch bei Hunden, die bereits unter Knorpelschäden leiden und Lahmheiten zeigen, haben die Chondroprotektiva einen positiven Einfluss auf das Gesamtbild.

Eine frühe Operation kann das Schlimmste verhindern

Neben diesen selbst durchzuführenden Maßnahmen gibt es auch einen operativen Eingriff, der bereits beim Junghund durchgeführt wird und den man im weiteren Sinne als prophylaktische Maßnahme betrachten kann. Das heißt, dass hierbei nicht die Schmerzbekämpfung bei bereits eingetretenen Folgeschäden im Vordergrund steht. Stattdessen soll die Entstehung von Veränderungen am Knorpel bereits im Vorfeld verhindert werden. Dafür kommt eine dreifache Beckenschwenkosteotomie, auch Triple-Osteotomie oder abgekürzt TPO (für „Triple Pelvic Osteotomie“) genannt, in Frage. Bei diesem Eingriff wird das knöcherne Becken an drei Stellen durchtrennt und danach in einem anderen Winkel wieder eingesetzt. Dadurch überdacht, nach gelungener Operation, die Gelenkpfanne den Hüftkopf weiter, als das vorher der Fall war. Denn das Problem der HD liegt ja darin, dass der Hüftkopf nicht tief genug in der Pfanne sitzt und dadurch die Belastung nur auf einem verhältnismäßig kleinen Bereich des Gelenkknorpels liegt. Diese Verhältnisse versucht man durch die Umstellung des Beckens zu verbessern.

Anwendung des Norberg-Winkels zur Abschätzung des Schweregrades einer Hüftgelenksdysplasie (Rottweiler). Die gelben Schenkel geben den minimalen Grenzwert für HD-Freiheit, die blauen Schenkel den tatsächlichen Winkel an. Ein blauer Kreis arkiert jeweils den Oberschenkelkopf. Quelle: wikipedia.de / Foto:©Kalumet/Wikimedia CommonsAnwendung des Norberg-Winkels zur Abschätzung des Schweregrades einer Hüftgelenksdysplasie (Rottweiler). Die gelben Schenkel geben den minimalen Grenzwert für HD-Freiheit, die blauen Schenkel den tatsächlichen Winkel an. Ein blauer Kreis arkiert jeweils den Oberschenkelkopf. Quelle: wikipedia.de / Foto:©Kalumet/Wikimedia Commons
Anwendung des Norberg-Winkels zur Abschätzung des Schweregrades einer Hüftgelenksdysplasie (Rottweiler). Die gelben Schenkel geben den minimalen Grenzwert für HD-Freiheit, die blauen Schenkel den tatsächlichen Winkel an. Ein blauer Kreis arkiert jeweils den Oberschenkelkopf. Quelle: wikipedia.de / Foto:©Kalumet/Wikimedia Commons

Schmerzvoll:
Arthrose als Folge der HD

Trotz aller Sorgfalt kann es irgendwann im Leben des Hundes -bei dem einen früher, bei dem anderen später- zu einer so genannten Coxarthrose kommen. Der Gelenkknorpel am Hüftkopf hat dann durch die stetige Fehl- oder Überbelastung Schaden genommen. Es bilden sich zunächst kleinere Unebenheiten auf der Gelenkfläche. Der Körper versucht gegenzusteuern und es kommt zu Auflagerungen aus Knochensubstanz am Hüftkopf und am Rand der Pfanne – ein verzweifelter Versuch des Körpers, das Gelenk zu stabilisieren. In Wirklichkeit sind diese Rauigkeiten Stellen, an denen leicht Entzündungen entstehen können. Diese Entzündungen sind es letztlich, die die Lahmheit auslösen, denn sie verursachen Schmerzen. Die Entzündungen treten oft schubweise auf. Feuchtes, kühles Wetter beispielsweise verschlechtert den Zustand bei vielen Hunden. Auch eine Überbelastung kann sich nach einer lahmheitsfreien Zeit in einem neuen Entzündungsschub äußern.

Was aber tun, wenn die Schäden bereits offensichtlich sind? Den Hund Schmerzen leiden zu lassen, ist die schlechteste aller Methoden. Denn jeder Hund hat ein Recht auf ein schmerzfreies Leben. Außerdem verfügt der Körper über eine Art Schmerzgedächtnis, die ihn für Schmerzreize sensibilisiert. Das bedeutet: Je länger Schmerzen erduldet werden müssen, desto kleinere Reize reichen für ein unangenehmes Gefühl oder gar unerträgliche Pein aus. Deshalb sollte man diesen Teufelskreis so früh wie möglich unterbrechen.

Schmerzbekämpfung

Medikamente gegen die Entzündung

Eine erste Maßnahme ist in aller Regel das Verordnen eines Schmerzmittels durch den Tierarzt. Medikamente dieser Gruppe waren früher oft für Magen-Darm-Probleme, wie Durchfall, Erbrechen oder gar Blutungen der Magen- bzw. Darmschleimhaut verantwortlich. Im Laufe der Zeit sind sie immer weiter verbessert worden und werden von den Hunden heute in fast allen Fällen gut vertragen. Ansatzpunkt der Schmerzmittel ist die Bekämpfung der Entzündungen am Gelenkknorpel. Einen Hund, der permanent unter Gelenkschmerzen leidet, kann man auch dauerhaft auf solche Medikamente einstellen. Allerdings zweifeln neuere Untersuchungen die Wirksamkeit und Unschädlichkeit solcher Dauertherapien an und empfehlen dringend einen Versuch mit homöopathischen Mitteln. Die erwähnten Chondroprotektiva sind, wie erwähnt, auch bei Lahmheitssymptomen eine sinnvolle Ergänzung.

Verschiedene Operationsmöglichkeiten

Gerade bei jüngeren Hunden und noch nicht lange bestehender Lahmheit sollten operative Maßnahmen zur Schmerzbekämpfung dringend in Erwägung gezogen werden. In diesem Bereich gibt es verschiedene Möglichkeiten:

Muskel- und Nervenschnitte

Bei der so genannten Pectineusmyektomie wird ein Muskel an der Innenseite des Oberschenkels durchtrennt. Dieser Muskel verkrampft sich häufig bei dem Versuch, das Hüftgelenk zu stabilisieren und trägt damit zur Schmerzentwicklung bei. Nach seiner Durchtrennung rutscht der Hüftkopf etwas tiefer in die Pfanne hinein und der Hund kann wieder lahmheitsfrei laufen. Der Vorteil dieser Operation liegt darin, dass es ein verhältnismäßig kleiner Eingriff ist. Allerdings hält der Erfolg bei manchen Hunden nur etwa ein halbes Jahr an, und nach einigen Jahren zeigen so gut wie alle Hunde wieder Schmerzsymptome. Die Pectineusmyektomie wird daher inzwischen oft mit einer Durchtrennung der Nervenversorgung des Hüftgelenks kombiniert. Hierfür wird ein Schnitt über dem Hüftkopf angelegt und die Muskeln, die das Gelenk umgeben, beiseite geschoben. Die darunter liegenden Nerven, die für die Schmerzleitung vom Hüftgelenk verantwortlich sind, werden bei dieser Operation unterbrochen. Weil sie für die Beweglichkeit des Gelenks keine Funktion haben, ist keine Bewegungseinschränkung zu erwarten. Die Schmerzen sollten dagegen nach dem Eingriff der Vergangenheit angehören. Auch bei dieser Methode werden jedoch nach einigen Jahren immer wieder Rückfälle beobachtet.

Entfernung des Hüftkopfes: Nur für kleine Rassen

Bei Hunden unter 18 Kilogramm Körpergewicht kann man den ganzen Hüftkopf entfernen. An seiner Stelle bildet sich ein kräftiges Bindegewebe, das in der Lage ist, die Gelenksfunktion zu übernehmen. Mit verschwundener Gelenkfläche und „ausgebauter“ Arthrose beseitigt man naturgemäß auch die Schmerzhaftigkeit. Allerdings sollte gerade bei nicht ganz kleinen Hunden dieser Eingriff nur an einer Seite durchgeführt werden, weil sonst die Hinterhand doch zu schwach wird. Ausgerechnet größere Rassen sind aber nun einmal häufiger von der HD betroffen als kleine, so dass sich die Alternative der Entfernung des Hüftkopfes oft nicht stellt.

Das Bild zeigt: Die linke Hüfte des Hundes (auf der rechten Seite der Röntgenaufnahme) hat ein künstliches Hüftgelenk. Befund der rechten Hüfte: Hüftdysplasie mit Osteoarthritis und Umbau des Kopfes des Oberschenkelknochens. Quelle: Wikimedia Commons / Foto:©Joel Mills/Wikimedia Commons
Das Bild zeigt: Die linke Hüfte des Hundes (auf der rechten Seite der Röntgenaufnahme) hat ein künstliches Hüftgelenk. Befund der rechten Hüfte: Hüftdysplasie mit Osteoarthritis und Umbau des Kopfes des Oberschenkelknochens. Quelle: Wikimedia Commons / Foto:©Joel Mills/Wikimedia Commons

„Ersatzteil“ Hüftgelenk

Die wirksamste und dauerhafteste, aber auch aufwändigste und teuerste Operationsmethode ist der Einbau eines künstlichen Hüftgelenks. Sowohl Pfanne als auch Hüftkopf werden herausgenommen und durch ein aus Metall oder Kunststoff bestehendes Gelenk ersetzt. Die Ersatzgelenke gibt es inzwischen in allen denkbaren Größen.

Der Erfolg einer solchen Operation ist meist ausgezeichnet. Bei praktisch allen Hunden verschwindet die Lahmheit in den ersten vier bis sechs Wochen nach dem Eingriff und kann auch nicht aufs Neue entstehen, weil sich keine neue Arthrose mehr bilden kann. Bisweilen ist es sogar unnötig, die eventuell ebenfalls betroffene zweite Seite zu behandeln, weil der Hund sie aufgrund der Schmerzfreiheit im künstlichen Gelenk so stark entlasten kann.

Der Eingriff selbst dauert pro Gelenk etwa drei Stunden. Nach der Operation muss der Hund einige Tage komplett ruhig gehalten werden – die Kliniken, die solche Eingriffe durchführen, nehmen das operierte Tier in dieser Zeit stationär auf. Danach bekommt der Hundebesitzer einen konkreten Trainingsplan in die Hand, wie stark und mit welcher Art der Bewegungen der Hund belastet werden darf.

In den ersten sechs bis acht Wochen nach der Operation darf sich der Patient nur sehr eingeschränkt bewegen. In der darauf folgenden Zeit laufen die Hunde im Allgemeinen schon sehr gut, sollen aber schrittweise und langsam wieder an ihr normales Bewegungspensum herangeführt werden. Für den Eingriff muss der Besitzer mit Kosten von etwa 1600 Euro rechnen.

Mögliche Alternative: Akupunktur

Eine wichtige noch zu erwähnende Behandlungsmethode neben Chirurgie und konventioneller Medikation ist die Akupunktur. Durch gezielte Nadelung bestimmter Körperpunkte können Muskeln entspannt und Schmerzreize beseitigt werden. Dazu ist eine Reihe von Behandlungen erforderlich, die aber oft erstaunliche Erfolge zeigt. Sehr erfolgversprechend ist auch eine Implantation von kleinen Goldstücken an den Akupunkturpunkten.

Das Prinzip entspricht dem der klassischen Akupunktur mit dem Vorteil einer längeren, im Idealfall dauerhaften Wirksamkeit. Das Ergebnis stellt sich innerhalb von 3 Tagen bis hin zu 4 Wochen ein, wobei die Schwere der Erkrankung keine Rolle spielte. Bei der Behandlung beider Hüftgelenke mit einer Goldimplantation muss man etwa 500 bis 600 Euro einplanen.

Jeder Hund ist anders: Individueller Therapieplan

Welche Behandlungsmethode für den eigenen Hund die richtige ist, kann nur im individuellen Gespräch mit dem Tierarzt geklärt werden. Zu viele Faktoren -Alter, Gewicht, Grad der Hüftfehlstellung, Ausprägung der Symptome- spielen eine Rolle, als dass es eine Standardbehandlung geben könnte. Mit der richtigen Beratung lässt sich aber für fast jedes Tier ein Therapieplan finden, mit dem der Hund viele Jahre beschwerdefrei leben kann.

Durch eine verantwortungsvolle Auswahl der Elterntiere kann das Auftreten von HD vermieden werden. Züchter, denen es vor allem um die Gesundheit ihrer Rasse geht, berücksichtigen dies aufs Strengste. Erfolge wie bei den Bernhardinern sind der Lohn: Dort sind mittlerweile durch eine gewissenhafte Zucht-Auswahl 90% aller Hunde HD-frei. Denn nur dort, wo keine genetische Veranlagung zur HD besteht, kann auch die Ausprägung der HD weitgehend verhindert werden.

Veröffentlichung mit freundlicher Unterstützung von: www.petprofi.de


Anmerkung der Redaktion:

Die Hüftgelenksdysplasie (HD) stellt seit Jahrzehnten eine Herausforderung für die Hundezucht vor allem bei größeren Hunderassen dar.

Für einen verantwortungsbewussten Züchter sollte es eine Selbstverständlichkeit sein, seine Zucht möglichst nur auf HD-freien Hunden aufzubauen. Deswegen ist beim IRJGV -einem Zuchtverband bei dem der gesunde Hund seit jeher im Vordergrund steht- seit langem die Untersuchung auf HD, und seit diesem Jahr auch die Untersuchung auf Ellbogengelenksdysplasie (ED) vorgeschrieben.

Auch wenn die Ausprägung der HD nicht allein von genetischen Voraussetzungen abhängt, ist die Wahrscheinlichkeit von HD-freien Elterntieren gesunden Nachwuchs zu erhalten deutlich größer, als wenn man mit HD-behafteten Tieren weiterzüchtet.

Eine vernünftige Aussage über den Zustand von Hüfte und Ellbogen kann im Augenblick nur durch eine röntgenologische Untersuchung in ausreichender Sedierung ab dem 18. Lebensmonat getroffen werden. Für den Züchter ist es natürlich ein Problem, dass eine Aussage über die Zuchttauglichkeit deswegen erst relativ spät erfolgen kann. In verschiedenen Hochschulen wird geforscht, wie diese Aussage früher erfolgen kann.

Die Entwicklung von schmerzhaften Coxarthrosen durch die HD hängt auch von Faktoren wie Körpergewicht, Ernährung, Bewegung oder Haltung ab. Ein frühzeitiges Erkennen der Disposition kann helfen genetisch betroffenen Hunden durch gezielte Unterstützung einen besseren Start ins Leben zu ermöglichen.

Die Diagnose HD oder auch ED bedeutet für einen Hund bestimmt kein Todesurteil mehr. Durch gezielte Therapie, Bewegung oder auch Ernährung kann dem betroffenen Hund ein langes, schmerzarmes Leben geboten werden. Allerdings sollten wir als Züchter und der IRJGV als Zuchtverband darauf achten unsere Zuchtziele so zu definieren, dass die Diagnose HD oder ED in Zukunft so selten wie möglich vorkommt.

Dr. Klaus Elsässer

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