05.03.2018 08:30 Alter: 7 Jahre
Category: Hundesport

IRJGV Agility informiert

Eignet sich AGILITY-Sport für ALLE Hunde und JEDEN Hundeführer?

Eignet sich AGILITY-Sport für ALLE Hunde und JEDEN Hundeführer? Gibt es Einschränkungen? Ein Beantwortungsvesuch, der da lautet: Ja, aber… Foto:©K.Wengelnik
Eignet sich AGILITY-Sport für ALLE Hunde und JEDEN Hundeführer? Gibt es Einschränkungen? Ein Beantwortungsvesuch, der da lautet: Ja, aber… Foto:©K.Wengelnik

Schon Begleithunde-Ausbilder werden mit der vorgenannten Frage häufig konfrontiert und identisch auch manchem Agility-Trainer gestellt.

Agility-Sport (wir sprechen vom Turniersport-Niveau) verlangt Hund & Mensch gewisse, körperliche Belastungen ab, beginnend mit dem Trainingsaufbau. Bestimmte Hunderassen (und Mix-Hunde) haben allein durch ihre Körpermaße, Körpermasse und -größe, ja sogar aufgrund ihrer Charaktereigenschaften, ungünstigste (bis negative) Voraussetzungen zur Teilnahme am Agility-Sport (z.B. Bernhardiner, Deutsche Dogge, Chow-Chow, usw.).

Natürlich soll das nicht heißen, daß ein Heranführen an einzelne/ausgewählte/ gefahrlose Parcoursteile (nach der Begleithunde-Ausbildung) auf dem Hundeplatz nicht möglich sei. Sie erfüllen dabei aber einen anderen Zweck.

Doch es liegt nicht nur am Hund, bzw. an der Rasse/dem Mix, weshalb Agility-Ausbildung nicht im gewünschten Maße gelingt. Möglich ist, daß das erforderliche, intensive Zusammenspiel zwischen Hund & Mensch bei der Agility-Ausbildung sich nicht einstellen will. Da heißt es, den menschlichen Ehrgeiz mit Bedacht zurückzustellen und das Interesse auf positive Beschäftigungsmöglichkeiten mit dem Vierbeiner zu lenken.

Die Starterzahlen im IRJGV-Agility-Turnier-Sport beweisen, daß viele Hund-Mensch-Teams intensiven und meister- lichen Sport ausüben. Widmen wir uns deshalb den dazu notwendigen Voraussetzungen:

Oberste Prämisse: Der HUND hat Spaß an der Agility-Ausbildung und steht nicht unter menschlich- übersteigertem Zwang/Ehrgeiz. Dieses oberste Prinzip MUSS gelten, damit der Hund durch die Ausübung des Agility-Sports keine gesundheitlichen Schäden davonträgt.

Der Mensch kann (sollte es zumindest) für sich selbst verantwortlich entscheiden, ob Agility ihm Freude bereitet oder nicht, ob es der Gesundheit förderlich ist oder nicht. Der Hund verbirgt unter Umständen sogar schmerzhafte Zustände und kann eben nicht “sagen”, daß ihm nach einer Trainingsstunde sämtliche Gelenke wehtun (obwohl der Hundebesitzer am Hundeverhalten die Realität erkennen müßte).

Die Frage nach dem Alter (Einstiegsalter) des Hundes

Wieder allein bezogen auf das Wohlergehen des angehenden oder künftigen “Agility-Sport-Hundes”, ist das Heranführen/ Training abhängig von unterschiedlichen Faktoren:

a) Die Begleithundeprüfung (BGVP) wird im IRJGV mit rund 12 Monaten abgelegt. Das Bestehen der BGVP ist Voraussetzung zur Teilnahme am IRJGV-Agility-Training, bzw. der Ausübung des späteren Agility-Turnier-Sportes. Alleine durch diese Verbandsvorgaben wird verhindert, daß Hunde zu früh, zu intensiv durch ihre Besitzer körperlich beansprucht werden.

Konzentriert und mit offensichtlicher Arbeitslust bewältigt dieser Pudel den Parcours. Hier bewahrheitet sich die Kernaussage über den Agility-Sport: Hunde verschiedene Hindernisse überwinden zu lassen, ulm ihre Intelligenz und Gewandtheit zu erproben/fördern. Foto:©K.Wengelnik
Konzentriert und mit offensichtlicher Arbeitslust bewältigt dieser Pudel den Parcours. Hier bewahrheitet sich die Kernaussage über den Agility-Sport: Hunde verschiedene Hindernisse überwinden zu lassen, ulm ihre Intelligenz und Gewandtheit zu erproben/fördern. Foto:©K.Wengelnik

b) Wann gilt ein Hund als “erwachsen”? Mittlere und große Rassen mit etwa 18 Monaten; Klein- und Zwergen-Rassen mit rund 15 Monaten. Die volle Beanspruchung eines Hundes, zur Vorbereitung und Ausführung des Agility-Turniersportes, darf aus gesundheitlichen Gründen daher nicht vor Abschluß dieser körperlichen Entwicklung stattfinden.

c) Natürlich kann auch ein Junghund auf dem Ausbildungsplatz bereits an bestimmte Bewegungsabläufe oder Übungen zur Körperkontrolle herangeführt werden (z.B.: Laufen durch die Ausleger, das “AUSSEN”; das “WEG”; der Tunnel).

d) Absolut zu vermeiden sind jedoch Übungen (Sprünge) des heranwachsenden Hundes, wobei starke Belastungen und Kräfte auf Gelenke und Bänder des Hundes (jeder Größe/Rasse) wirken.

GESUNDHEIT des Hundes

Eine Selbstverständlichkeit für den Hundebesitzer muß sein:

1.) BEVOR der Einstieg in ein strammes und anspruchsvolles Trainingsprogramm des Hundes vollzogen wird, ist ein Tierarzt zu konsultieren.

2.) Sprechen aus tiermedizinischer Sicht geringste Argumente gegen die Ausübung des Agility-Sportes, hat der Hundebesitzer sich daran zu halten. Fatale gesundheitliche Folgen könnten einem Hund zugefügt werden, wenn er TROTZ Gelenkserkrankungen, Herz-/Kreislauf-Beeinträchtigungen, Spondylose, Schaltwirbel usw., den unver- meidlichen Trainingsbelastungen ausgesetzt wäre.

3.) Beispiele: Hüftgelenksdysplasie/Ellenbogen-Dysplasie/Patella-Luxation: Der IRJGV e.V. schreibt (bei Zuchthunden) vor, daß mittlere und große Rassen ab dem 18.Lebensmonat geröntgt werden, um den jeweiligen Status (Grad) der Erkrankung feststellen zu lassen.

Zwergen- und Klein-Rassen leiden häufiger an Patella-Problemen oder an rachitischen Veränderungen am Skelett. Aber auch Spondylose und oder Übergangs-/ Schaltwirbel können die Gesundheit des Hundes beeinträchtigen.

Daraus läßt sich folgendes schließen: Mittlere und große Hunde, die auf den Agility-Turnier-Sport vorbereitet werden sollen, benötigen eine aussagefähige Röntgenuntersuchung der Hüft- und Ellenbogengelenke (empfehlenswert auch der Schultergelenke = OCD-Untersuchung), nach Abschluß des körperlichen Wachstums – also etwa mit 18 Monaten.

Ein allgemeiner, ausführlicher, tiermedizinischer Gesundheits-Checkup (Herz-/Kreislauf, allgemeine Konstitution) hat der Hundebesitzer vor Trainingsbeginn ebenso zu veranlassen. Für Klein- und Zwerghunde empfehlen sich dringend mit rund 15 Monaten, aussagefähige Untersuchungen über Patella-Status und Allgemeinzustand (entspricht einer gesundheitlichen Unbedenklichkeits-Erklärung des Tierarztes).

Empfiehlt es sich, daß Hunde mit “geringen/zweifelhaften” tierärztlichen Befunden, Agility-Sport betreiben?

Sprechen wir über vorstellbare “Grenzfälle” – wie z.B. HD-/ED-/Patella-Übergangsformen:

Moderates Training, ohne den Hund zu überfordern, oder ihn zu Höchstleistungen zu treiben, kann zur Gesunderhaltung der Gelenke sogar positiv beitragen. Die Muskulatur wird trainiert und gestärkt, Übergewicht vermieden, trägt also wiederum dazu bei, die Stabilität und die körperliche Fitneß zu erhalten. Zeigt ein Hund nach dem Training an ausgewählten/belastungsarmen Parcoursteilen dennoch Schmerzen (Humpeln, Belastungsvermeiden eines Laufes), muß der Mensch vernünftig entscheiden und sich auf andere Beschäftigungsmöglichkeiten hin ausrichten.

Gewichtsprobleme?

Dem Hundehalter gegenüber das “Idealgewicht” eines Hundes anzusprechen, kann als heikles Thema bezeichnet werden. Gehen wir doch einfach von der menschlichen Situation aus und fragen uns, ob es sinnvoll oder erfolgreich wäre, einen (stark) übergewichtigen Menschen, innerhalb weniger Wochen dazu zu nötigen, einen Hürdenlauf von 100 m zu bewerkstelligen, bzw. welche Folgen dies für ihn haben könnte.

Übrigens ist die Situation gar nicht so weit hergeholt, denn der Hundeführer muß durchaus einen gewissen Grad an Sportlichkeit mitbringen, wenn das Hund-Mensch-Team beim Agility-Turnier-Sport erfolgreich mitmischen will. Zurück zum fiktiven Hürdenlauf des stark übergewichtigen Menschen: Sie werden mit Recht anführen, daß ein übergroßes Risiko für schwere körperliche Schäden besteht – ob er sich nun bei einem eventuellen Sturz einen möglichen Knochenbruch bei ungünstiger Sprungposition zuzieht, oder – ja sogar einen Kreislaufkollaps erleiden könnte, usw. – alles wäre im Bereich des Möglichen.

Die gute Harmonie zwischen Herrchen und Hund ist Basis für die erfolgreiche Ausübung des Agility-Sportes – wie man sieht! Foto:©K.Wengelnik
Die gute Harmonie zwischen Herrchen und Hund ist Basis für die erfolgreiche Ausübung des Agility-Sportes – wie man sieht! Foto:©K.Wengelnik

Das bedeutet, daß durch ein gezieltes, vernünftiges, kontrolliertes Aufbautraining, zunächst Muskulatur und damit Kondition aufgebaut werden müssen, Herz- und Kreislauf gestärkt werden müssen – und mit dem systematischen Training, sich auch das Idealgewicht für das Individuum und dessen Leistungsanspruch ergibt.

So – und nur so, werden Fehlbelastungen und körperliche Spätfolgen ausgeschlossen. So – und nur so ist (jeder) Sport, wir meinen hier natürlich den Agility-Turnier-Sport für den Hund und Mensch, gesundheitsfördernd!

Hier wird deutlich, wie schwierig es sein kann, die idealen Voraussetzungen für das Betreiben des Agility-Sports, zu beschreiben; sie sind von Hund zu Hund und von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Genau aus diesen Gründen ist es verpflichtende Aufgabe des Hundeführers, sich mit den Themen Gesundheit, Fitneß und den damit verbundenen sportlichen Zielen, aber auch Risiken, zu beschäftigen. Dies gilt auch für die Agility-Trainer in den Gruppen, die offene Gespräche mit den Hundeführern hierüber führen sollten.

Ohne Kommunikations- und Lernbereitschaft – kein erfolgreicher Agility-Sport

Kein Sport, keine Veranstaltung kann ohne Disziplin und Strukturen erfolgreich ablaufen. Agility-Sport ist Teamsport, weshalb ein positives, soziales Gefüge in der Ausbildungsgruppe eine wichtige Grundlage für ein motivierendes Training und die Hinführung zum erfolgreichen Agility-Turnier-Sport bildet.

Treten Probleme im menschlichen und/oder hundlichen Miteinander auf, können sie ausschließlich im Kreise der Beteiligten erörtert und ausgeräumt werden. Manchmal könnten sich Defizite aus unzureichender Grundausbildung des Hundes herausstellen, wenn ein gezieltes Agility-Turnier-Trainingsprogramm angestrebt wird.

Beispiele: Lautstarke Ungeduld eines Hundes, wenn ein anderer Hund im Parcours läuft; d.h. fehlender/ungenügender Einfluß des Hundehalters auf den Hund; Futterneid auf die Belohnungshäppchen des gerade vom Menschen gelobten (anderen) Hundes; Streit bis hin zu Aggressionen um Spielzeug, usw.

Summieren sich in einem Agility-Team mehrere negative Faktoren, oder gemeinsam-einverständliche Lösungswege werden ignoriert (Verbesserungen stellen sich nicht ein), ist das Team in Gefahr und der gewünschte hundesportliche Erfolg, die Freude an den gemeinsamen Herausforderungen, schwindet.

Agility-Sport kann, muß aber nicht immer auf Turniersport-Niveau geführt werden. Agility-Training kann moderat und “just for fun” für Rasse- und Mixhunde geeignet sein, wenn ausgewählte Parcours-Teile zum Einsatz kommen, um z.B. übersteigerten Bewegungsdrang des Hundes besser kontrollieren zu können, körperliche Fitneß zu stärken und zu erhalten, oder einfach als Beschäftigungsmöglichkeit für Hund & Mensch, um das gegenseitige Verständnis zu optimieren. Nicht von Ungefähr wird Agility-Sport als erzieherisches, sportliches Spiel definiert, welches ihre gute Einführung in die Gesellschaft (hundliche und menschliche) begründet.

Den Idealfall stellen Teams dar, die sich in sportlich-fairem Wettkampf messen, sich aber auch ergänzen, anspornen, motivieren und sich gegenseitig respektieren. Dann bewahrheitet sich auch der Satz: Agility macht Spaß – Mensch und Hund!

von Ingo Bursch

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