Beim Hundefutter sind Besitzer:innen traditionell. Hartnäckig hält sich der Glaube, der Hund sei ein Fleischfresser und brauche vor allem eines: viel Fleisch. Dabei ist es lange her, dass ihre Vorfahren sich selbst ihr Futter in der Wildnis besorgt haben. Seither hat sich nicht nur ihr Verdauungssystem an die Domestizierung angepasst, auch die Ernährungswissenschaft liefert neue Erkenntnisse.
Gleichzeitig ist klar, dass die Erde den steigenden Fleischkonsum nicht länger aushalten kann. Es ist an der Zeit, nachhaltige Alternativen zu suchen, ohne dabei Kompromisse bei der Gesundheit der Vierbeiner einzugehen.
Aber bei all den Empfehlungen des Tierarztes, in der örtlichen Hunde-Gruppe oder in den Social Media, ist es schwer, den Überblick zu behalten: Was ist dran an der Versprechung, dass Hunde nachhaltig und gesund ernährt werden können?
Was bedeutet artgerechte Ernährung?
Eine artgerechte Hundeernährung soll den Vierbeiner vor Krankheiten schützen und dazu beitragen, die Leistungsfähigkeit des Tieres möglichst lange aufrechtzuerhalten. Falsche Ernährung beim Hund macht sich häufig durch eine starke Gewichtszunahme, entzündete Hautstellen, stumpfes Fell oder Allergien bemerkbar. Auch Zahnprobleme, ein starker Eigengeruch und Verhaltensänderungen beim Tier können auf eine Fehlernährung oder Futterunverträglichkeit hindeuten. Kurz gesagt, eine falsche Ernährung macht den Hund krank.
Wie aber vermeide ich eine fehlerhafte Fütterung? „Wichtig für den Hund ist zunächst einmal die ausreichende Versorgung mit Energie in allen Lebensphasen. Diese richtet sich nach seiner Lebenssituation. Ist der Hund sportlich, aktiv, wird er im Freien oder in der Wohnung gehalten? Fragen, die jeder Halter vor der Mengenbestimmung und Wahl des Futters beantworten sollte. Als zweiter Schritt lohnt sich ein Blick auf die Inhaltsstoffe. Ein Hund braucht Makronährstoffe, also Proteine, Fette und Kohlenhydrate genauso wie Vitamine und Mineralstoffe, die wir als Mikronährstoffe zusammenfassen“, erklärt Dr. Ina Henkel, Ernährungswissenschaftlerin und Grüderin des Start-UpsTenetrio. Wenn er all diese Nährstoffe über die Nahrung bekommt, kann er seine Körperfunktionen aufrecht- und sein Immunsystem intakt halten sowie seine Muskeln kräftigen.
Der Mythos vom Wolf
Wie sich diese für den Hund lebenswichtigen Inhaltsstoffe im Futter zusammensetzen, ist nicht unwichtig. Oft wird in diesem Zuge auf den Vorfahren der Hunde, den Wolf, und dessen Ernährungsgewohnheiten verwiesen. Allerdings: Die Domestizierung vom Wolf zum Hund ging insbesondere mit einer Umstellung auf stärkehaltige Nahrung einher. Hunde und ihre Ernährungsweise haben sich also gleichzeitig mit dem Menschen evolutionär entwickelt. Sie können daher Kohlenhydrate und pflanzliche Nahrung deutlich besser verdauen als der Wolf. Sie sind sogar auf mehr Variation für das Verdauungssystem angewiesen.
Leider führt aber eben dieser Vergleich mit dem Wolf dazu, dass besonders viel Fleisch gefüttert wird. Häufig wird für dieses Futter auf Fleisch aus Massentierhaltung zurückgegriffen, mit den bekannten Problemen, wie Antibiotikaresistenzen und mangelhaften Standards beim Tierwohl. Dennoch, weil es sich nicht um Abfallprodukte bei der Schlachtung handelt, wird dieses Fleisch als High End-Futter vermarktet. Auch Dr. Eckart von Hirschhausen, Arzt und Autor, sieht diese Entwicklung kritisch: „Der Trend hin zu „Premiumprodukten“ und zu einer Humanisierung der Ernährung von Haustieren bedeutet, dass in Tierfutter vermehrt Fleisch enthalten ist, das in direkter Konkurrenz zu menschlicher Nahrung steht.“1
Das ist ein großes Problem: Weil wir im Westen unsere Haustiere perfekt ernähren wollen, verbringen Nutztiere ihr Leben unter bemitleidenswerten Umständen und anderswo auf der Welt hungern Menschen. Im Hinblick auf das Tierwohl greifen viele Hundebesitzer zu Futter mit Fleisch aus Bio-Tierhaltung. Hier mahnt Henkel, genau hinzusehen: „Das ist gut gemeint, aber noch keine nachhaltige Lösung.“ Das Beispiel BARF, eine an den Fressgewohnheiten von Wölfen orientierte Fütterungsmethode, zeigt das Problem. „Bei BARF besteht das Futter zum Großteil aus hochwertigem Fleisch, wodurch sich die Umweltbelastung des so gefütterten Hundes beinahe verdreifachen kann – auf das Niveau eines Pkw“, bringt Dr. Eckart von Hirschhausen das Dilemma auf den Punkt.2