Der Kauf eines Tieres ist immer eine heikle Sache. Unüberschaubare Risiken durch den Unsicherheitsfaktor Tier, unpassende gesetzliche Regelungen, raffinierte Verkäufer und gutgläubige Käufer sind eine Mischung, die immer wieder die Gerichte beschäftigen.
Um die Problematik zu verdeutlichen soll zunächst kurz die gesetzliche Ausgangslage geschildert werden.
Vorab aber noch eine kurze Bemerkung: Dieser Artikel spricht vom Tier, aber von Sachmängeln, dies ist keine böse Absicht des Verfassers, sonder lehnt sich an der gesetzlichen Sprachregelung an, nach der Tiere keine Sachen sind, aber – bis auf Ausnahmen im Tierschutzrecht – wie solche behandelt werden.
Verkäuferpflicht: Mangelfreie Sache
Der Verkäufer hat dem Käufer die Sache frei von Sach- und Rechtsmängeln zu verschaffen (§ 433 I 2 BGB).
Rechtsmängel sind bei Tieren kein besonderes Problem, schon alleine wegen der Seltenheit dieser Fallkonstellation. Die Sachmängel sind aber das große Ärgernis für den Tierbesitzer in spe.
Sachmängel sind im Gesetz nicht positiv definiert, sondern vielmehr ist festgelegt wann eben kein Mangel vorliegt.
Danach ist die verkaufte Sache frei von Sachmängeln, wenn sie bei der Übergabe die vereinbarte Beschaffenheit hat oder
– wenn keine Beschaffenheitsvereinbarung getroffen wurde
– wenn sie für die nach dem Vertrag vorausgesetzte oder die gewöhnliche Verwendung geeignet ist.
Eine mangelhafte Sache ist nicht geeignet, die Verpflichtung des Verkäufers zu erfüllen.
Beweislast
Die Beweislast für das Vorhandensein von Mängeln trägt zwar der Käufer erst, wenn er das Tier als Erfüllung angenommen hat, doch da Krankheiten oder Verletzungen bei Tieren selten offensichtlich sind, sondern erst nach Tagen oder Wochen bemerkbar werden, wird dies auch meistens der Fall sein.
In diesem Zusammenhang ist auch die Verjährung interessant. Grundsätzlich verjähren Mängelansprüche nach zwei Jahren. Diese Frist kann jedoch von einem Verkäufer, der nicht Unternehmer ist, vertraglich verkürzt oder ausgeschlossen werden. Ein Unternehmer ist hier nicht so frei.
Notlösung: Mangelbewältigung
Ein krankes Tier kann zwar geheilt werden, doch ist dies nicht immer vollständig möglich.
Ist das Tier heilbar kann der Käufer die Kaufpreiszahlung verweigern bis der Verkäufer seine Pflicht erfüllt hat – nur wird beim Kauf von Tieren in der Regel sofort gezahlt – bevor der Käufer den Mangel bemerkt. In diesem Fall muss er vom Vertrag zurücktreten um den Kaufpreis zurückfordern zu können.
Ist das Tier nicht heilbar wird der Verkäufer von seiner Leistungspflicht frei.
Der Käufer muss nur dann den Kaufpreis trotzdem zahlen, wenn er den Mangel verursacht hat oder den Ersatz verlangt, den der Verkäufer für das Tier erhalten hat – ein Fall der beim Tierkauf wohl nur sehr selten vorkommt. Ein Tierkäufer will keine Versicherungssumme, er will das Tier, das er sich ausgesucht hat – oder eben kein Tier.
Es gibt auch den Fall, dass sich das Tier zur Probe beim Käufer befindet und sich dort verletzt. In diesem Fall bleibt die Zahlungspflicht des Käufers ebenfalls bestehen.
Der Käufer kann die Annahme der mangelhaften Sache verweigern, was allerdings in der Praxis nicht passiert, da sich meist das Tier zur Probe beim Käufer befindet. Weiter kann er die Kaufpreiszahlung verweigern – sofern dies nicht bereits erfolgt ist.
Weitere Rechte des Käufers ergeben sich aus den §§ 437 ff. BGB, die für den Tierkauf nur bedingt geeignet sind.
Nach diesen Vorschriften ist die Nacherfüllung vorrangig – eine beim Tierkauf wenig sinnvolle Regelung.
Eine Nacherfüllung muss daher regelmäßig als unzumutbar angesehen werden, so dass der Käufer gleich auf die weiteren rechtlichen Möglichkeiten (Rücktritt, Minderung, Schadensersatz, Aufwendungsersatz) zurückgreifen kann. Die Beweislast und damit das Risiko, dass der Beweis für die Unzumutbarkeit misslingt, trägt jedoch der Käufer.
Der BGH hat bereits klargestellt, dass in Notfällen eine Nachfristsetzung entbehrlich ist (BGH Urteil vom 22.06.2005, VIII ZR 1/05), auch wenn generell das Erfordernis der Nachfristsetzung auch bei Tieren gültig bleibt (BGH Urteil vom 07.12.2005, VIII ZR 126/05).
Wird die Leistung nach Vertragsschluss unmöglich und hat der Verkäufer dies zu vertreten, kommen als zweite Stufe Schadensersatzansprüche und Rücktritt in Betracht.
Sonderfall Verbrauchsgüterkauf
Weiter ist zu beachten, dass beim Tierkauf unter Umständen ein sog. Verbrauchsgüterkauf vorliegen kann, dann nämlich, wenn der Verkäufer Unternehmer und der Käufer Verbraucher ist.
In diesem Fall gelten für den Verbraucher durchaus nützliche Regelungen: Beweislastumkehrungen, Schutz vor ungünstigen Vertragsklauseln und Sonderbestimmungen für Garantien des Verkäufers.
Dies alles greift jedoch nur, wenn der Käufer im Streitfall beweisen kann, dass der Verkäufer Unternehmer ist, was insbesondere schwierig wird, wenn der Verkäufer im Vertrag ein anderer ist als der Verhandlungspartner/Verkäufer. Eine eindeutige Festlegung des Verkäufers als Unternehmer und des Käufers als Verbraucher ist daher anzustreben.
Guter Rat
Aus dem Vorstehenden kann daher nur ein Schluss gezogen werden:
Augen auf beim Tierkauf!
Und dass hier die eigenen Augen nicht reichen, muss jedem klar sein.
Eine Ankaufsuntersuchung durch einen qualifizierten Tierarzt sollte ebenso selbstverständlich sein, wie ein Ausprobieren des Tieres (z.B. bei einem Pferd), die Inanspruchnahme juristischen Beistandes bei der Abfassung detaillierter Verträge oder der Abwicklung der im Mittelteil behandelten Situation. Insbesondere bei Tieren, die für den (Leistungs-)Sport genutzt werden sollen, können Probleme erst nach Wochen auftreten, wenn gewisse Mittel in ihrer Wirkung nachlassen.
Ein nach vier Wochen plötzlich lahmendes Pferd, ein plötzlich röchelnder Hund oder eine unfruchtbare Legehenne sind meist kein Zufall.
Dagegen kann sich der Laie nur schützen, indem er das Tier 3-5 Wochen zur Probe bei sich unterbringt und dort Einfluss darauf hat, was das Tier zu fressen und an Medikamenten bekommt. Für den Fall, dass bei der Probe Mängel zu Tage treten, sollte der Käufer im Kaufvertrag einen pauschalierten Aufwandsersatz für Futter und Unterbringung des Tieres mit dem Verkäufer vereinbaren. Auch sollten Regelungen getroffen werden, die bei einer weiteren Verschlechterung des Tieres (also wenn das Tier sich als krank erweist und in der Probezeit sich zusätzlich noch verletzt) eingreifen und langwierige Prozesse und teure Sachverständigengutachten, welche Ursache zu welchem Prozentsatz das Tier verschlechtert hat, ersparen.
Auch die Kosten der Ankaufsuntersuchung sollten nicht in jedem Fall beim Käufer bleiben.
Wichtig ist in jedem Fall, dass alle Absprachen schriftlich festgehalten werden, um späteren Streitereien, wer – was – wann – wie gesagt und gemeint hat, aus dem Weg zu gehen.
Hier werden natürlich die Verhandlungen oftmals schwierig, aber letztendlich kann man dem Käufer nur mitgeben: Wer nicht bereit ist, solche Regelungen in den Vertrag aufzunehmen, ist sowieso kein seriöser Geschäftspartner.
Jeder Kaufpreis sollte für ein gesundes Tier gelten, daher dürfte der Verkäufer wenig Scheu haben Haftung für den Fall zu übernehmen, dass das Tier krank ist, zumal er dies in den meisten Fällen viel besser beurteilen kann als der Käufer – schon allein deswegen, weil er das Tier meist viel länger kennt.
Es sollte letztendlich beiden Parteien darum gehen, die Risiken eines Tierkaufes gleichmäßig und fair zwischen Verkäufer und Käufer aufzuteilen.
Eine Rechtsschutzversicherung kann die nicht unerheblichen Prozessrisiken, die durch die Notwendigkeit von Gutachten ggf. verschärft werden, abfedern. Denn auch der Prozessgewinner kann auf beträchtlichen Kosten sitzen bleiben, wenn der Schuldner nicht liquide ist.
Quelle: ©Frank Richter, Rechtsanwalt, Dossenheim – www.richterrecht.com